London. Eine junge, hochschwangere Frau bittet in einer Apotheke um Hilfe, dann bricht sie zusammen. Im Spital müssen der Arzt und die Hebamme Anna (Naomi Watts) die geschwächte Namenlose aufgeben und stattdessen ihr ungeborenes Kind retten. Vom auf Russisch verfassten Tagebuch der Toten erhofft sich Anna Hinweise auf die Identität der Frau. Ihr Onkel Stephan (Jerzy Skolimowski), selbst russischer Herkunft, soll übersetzen. Zunächst weigert er sich, weshalb Anna das auf einem beigelegten Streichholzbriefchen aufgeführte russische Restaurant aufsucht. Hier wird sie vom zwielichtigen Patriarchen Semyon (Armin Mueller-Stahl) empfangen. Dieser gibt vor, die Tote nicht zu kennen, wirkt aber plötzlich sehr interessiert, als er von der Existenz des Tagebuches erfährt. Er schlägt vor, die Aufzeichnungen für Anna zu übersetzen.
Noch realisiert Anna nicht, dass sie in den Bannkreis der Russenmafia geraten ist. Diese fürchtet die Aufzeichnungen, die offensichtlich die Osteuropäerin verfasst hat, die aus einem ihrer Bordelle stammt. Dass nicht nur Semyons aufbrausender Sohn Kirill (Vincent Cassel), sondern auch der Patriarch selbst in die Vergewaltigung der minderjährigen Prostituierten verwickelt ist, erfährt Anna später von ihrem Onkel. Der Russenmafioso hat allen Grund, das Tagebuch und alle Mitwisser verschwinden zu lassen. Er beauftragt seinen wortkargen Chauffeur und Handlanger Nikolai (Viggo Mortensen), die Sache zu bereinigen.
Der in Toronto geborene Regisseur David Cronenberg startete seine Filmkarriere in den 1970er-Jahren mit Splatterstreifen, die so verschroben waren, dass weder die Masse der Horrorfilmfreaks noch Kritiker viel mit ihnen anzufangen wussten. Das Etikett «Körper-Horror» haftete dem studierten Naturwissenschaftler seitdem an, und es ist das Thema, das Cronenberg bis heute umtreibt. Nach wie vor aber sind drastische Gewaltexzesse bei Cronenberg Programm, sind sie doch Zeichen für das revolutionäre Potenzial, das unkontrolliert im Körper schlummert und über das sich die Menschen üblicherweise mit der Idee des freien Willens hinwegzutrösten versuchen.
Auch «Tödliche Versprechen – Eastern Promises» erzählt Geschichten um die Zeichen von Macht, Sex und Gewalt, eindringlich festgemacht an den tätowierten Körpern der Russenmafiosi. Eindrücklich ist auch das Darstellerensemble, das Cronenberg für seinen Film gewinnen konnte. Neben Naomi Watts («The International») und dem «Lord of the Rings»-Star Viggo Mortensen sind dies insbesondere Vincent Cassel («Die purpurnen Flüsse») und der Deutsche Armin Mueller-Stahl («Buddenbrooks»), der als finsterer russischer Mafiapate einen seiner denkwürdigsten Parts in seiner langen Schauspielerkarriere zeigt.
Film wurde auf SRF ausgestrahlt am Donnerstag 28 November 2019, 10:26 Uhr.