Sein Schiff ist gesunken. Jetzt kämpft der Mann ums Überleben. Immer wieder zieht ihn die stürmische See in ihre Tiefen. Stunden später erwacht er an einem Sandstrand einer unbewohnten Insel. Die Vegetation ist üppig und es gibt eine Vielzahl an Tieren, aber keine Menschen. Um wegzukommen, baut er aus Baumstämmen eines angrenzenden Waldes ein Floss. Als er damit in See sticht, dauert es nicht lange, bis das Floss von starken Schlägen zerstört wird.
Auf die Insel zurückgeworfen baut er ein neues Floss, das nach der Wasserung auf dieselbe Weise zerlegt wird. Nach weiteren erfolglosen Versuchen zu fliehen, erblickt er am Stand plötzlich seine Widersacherin, die seine Flucht verhindern will: Es ist eine grosse rote Meeresschildkröte, die gerade ihre Eier abzulegen gedenkt. In seiner Wut dreht er diese auf den Rücken, woraufhin sie in der brütenden Hitze bald verendet. Der Mann bereut seine Tat, bis dem Panzer plötzlich eine wunderschöne junge Frau entsteigt.
Im Jahr 2000 gewann der holländische Animationsfilmer Michael Dudok de Wit für seinen Zeichentrickkurzfilm «Father and Daughter» einen Oscar. 16 Jahre später konnte Dudok de Wit seinen ersten Langspielfilm realisieren: «Die rote Schildkröte». Dass der Film nicht früher entstehen konnte, ist dem Umstand geschuldet, dass der Holländer auf alte Trickfilmtechniken bestand. So unterbreitete er der japanischen Animationsschmiede Ghibli die Idee eines traditionellen Zeichentrickfilms, komplett ohne Dialoge. Ghibli wurde von Hayao Miyazaki («Totoro») gegründet und ist eines der letzten Studios, das mit alter Animationstechnik anstatt mit Computeranimation arbeitet. Die Zusammenarbeit glückte – dabei herausgekommen ist nicht nur Ghiblis erster Film nach der Idee eines Nicht-Japaners, sondern auch ein zauberhaftes, sehr sinnliches Märchen, das auf allen Ebenen zu überzeugen weiss.
Film wurde auf SRF ausgestrahlt am Freitag 6 September 2019, 12:14 Uhr.